Ein Sprung aus dem Polizeiwagen, eine nicht funktionierende Überwachungskamera und eine Quittung von einer Prostituierten? Die Todesumstände Lei Yangs erregen Misstrauen. Der Fall sorgt im Netz für viel Gesprächsstoff.
Seit dem Tod des 29-jährigen Lei Yang am 7. Mai bemüht sich die Beijinger Polizei, die Umstände seines Ablebens als rechtmäßig darzustellen. Der junge Umweltaktivist geriet angeblich vor einem Massage-Salon in eine Polizeikontrolle. Eine Quittung über 200 Yuan (30 Euro) soll beweisen, dass er dort Prostituierte aufgesucht hat.
Die Beijinger Polizei meldet, dass Lei Yang sich gegen die Festnahme gewehrt habe und anschließend durch einen plötzlichen Herzinfarkt gestorben sei. Passanten hingegen berichten von Hilfeschreien. Das Krankenhaus, in dem Lei Yang behandelt wurde, fand Spuren von Gewalteinwirkung.
Leis Familie betont, dass er auf dem Weg zum Flughafen gewesen sei, um Verwandte abzuholen. Seine Frau, die letzten Monat ihr erstes Kind zur Welt brachte, ist überzeugt, dass er mit der ganzen Angelegenheit nichts zu tun hatte und nur zufällig in die Polizeikontrolle geriet.
Unrechtmäßige Gewalt
Folgender Post von Twitter-Nutzer “64heishan_com” wurde vielfach geteilt. Darin drückt er sein Gefühl der Hilflosigkeit gegenüber den staatlichen Autoritäten aus:
Weibo-Nutzerin “Königin des Herbstwaldes” findet den Fall Lei Yang ebenfalls beunruhigend:
Positivere Einstellung zu Prostitution
Der Vorfall hat neben Anprangerungen von Polizeigewalt aber auch noch Debatten zu einigen anderen Themen losgetreten. Die weniger politisch orientierten Social-Media Nutzer diskutieren vermehrt über Prostitution. Folgender Post von Weibo-User “Yang Jinlin” sorgte für Aufsehen und wurde sehr oft weitergeleitet:
Es scheint, dass die Vorkommnisse manche Paare näher zusammengebracht haben. Konfrontiert mit staatlicher Polizeigewalt wollen viele Paare in Zukunft zueinander halten, unabhängig davon, ob Prostituierte aufgesucht werden.
Gesichtsverlust für die Hochschule?
Außerdem hat das Ereignis Fragen zur moralischen Überlegenheit von Hochschulabsolventen aufgeworfen. Das Ansehen der Volksuniversität, an der Lei Yang vor kurzem seinen Abschluss gemacht hat, könnte beschädigt werden. Auf dem Newsblog „Neue Beijinger Nachrichten“ heißt es beispielsweise:
Angst und Argwohn
Insgesamt scheinen die Todesumstände Lei Yangs das Misstrauen gegenüber der Staatsgewalt offengelegt zu haben. Viele Netizens fühlen sich hilflos der staatlichen Willkür ausgeliefert. Dieser Artikel eines nicht genannten Autors, der im Netz viel Anklang gefunden hat, gibt deswegen ironische Ratschläge, wie man den nächsten Besuch im Massage-Salon überlebt:
Zum Weiterlesen:
Oiwan Lam: “Beijing police want you to know that a man who died in custody was accused of soliciting a prostitute”, Hong Kong Free Press, 18.5.2016
Mimi Lau: “Family of man who died in police custody in Beijing files complaint alleging abuse”, South China Morning Post, 17.5.2016
Didi Kirsten Tatlow: “Chinese Man’s Death in Custody Prompts Suspicion of Police Brutality”, New York Times, 12.5.2016