Was sich wie eine Horrorgeschichte anhört, ist in China oft Realität: Plötzlich ist das eigene Kind verschwunden. Der Kinderhandel hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Ein Thema, das die Netzgemeinde bewegt.
Auch wenn keine offiziellen Statistiken existieren, geht das UN Projekt gegen Menschenhandel von mindestens 20.000 Kindern aus, die jedes Jahr in China entführt und verkauft werden.
Das Vorgehen der Kinderhändler
Die Händler gehen dabei immer nach einem ähnlichen Prinzip vor. Sie stehlen Kinder aus armen ländlichen Regionen, wo viele Eltern aus Arbeitsgründen ihren Nachwuchs unter der Obhut von Verwandten alleine lassen müssen. Die Entführer setzen die Kinder unter Drogen und drücken sie einer jungen Frau in den Arm, kurz bevor diese in einen Langstreckenbus einsteigt. Bis die Eltern sich auf die Suche gemacht haben, kann ihr Sprössling schon viele Kilometer entfernt sein.
Ein Teil der Kinder wird direkt an Paare im wohlhabenden urbanisierten China verkauft, ein anderer Teil zur illegalen internationalen Adoption angeboten. Doch nicht alle Kinder landen in Familien: Jugendliche werden oft in die Prostitution oder zur Fabrikarbeit gezwungen. Andere enden als Auftragsbettler auf der Straße.
Dass das Schicksal der entführten Kinder die Netzbürger im Alltag beschäftigt, zeigt der Kommentar von Forist „Niedlich lächeln sss“:
Die Mitschuld der Eltern
Nicht alle ver- und gekauften Kinder in China werden entführt. Die mit der Ein-Kind-Politik eingeführten Strafzahlungen für Familien, die unerlaubterweise mehr als ein Kind hatten, waren für arme Familien zu hoch und führten dazu, dass Familien in finanziellen Nöten ihren Nachwuchs zum Kauf anboten.
Trotz der inzwischen recht strengen Gesetze sind die Profite des Kinderhandels sehr verlockend. Preise für Neugeborene liegen zwischen 4.000 und 12.000 Euro. Für Social Media Nutzer „Mürrischer kleiner MJ“ sind diese Gründe noch nicht zufriedenstellend. Er findet, dass die desinteressierte Öffentlichkeit mit für die Situation verantwortlich ist:
Engagierte Freiwillige und Eltern kämpfen auf der Website „Baby, komm nach Hause“ gegen diese Gleichgültigkeit an. Die Seite listet die Profile vermisster Kinder. Hier können Eltern die Öffentlichkeit zur Mithilfe aufrufen. Das sieht zum Beispiel so aus:
Mit dem Einsatz von Social Media wurden bei der Suche nach Kindern bereits Erfolge erzielt. Einige wie der international bekannt gewordene Luo Gang haben tatsächlich den Weg zurück nach Hause gefunden. Ein Mädchen aus der Provinz Zhejiang wurde sogar wieder an ihre Eltern zurückgegeben, da die in sozialen Netzwerken schnell verbreitete Nachricht von der Entführung den Kriminellen einschüchterten.
Die Netizens reagieren unterschiedlich auf die Suchanzeigen. Manche zeigen Mitgefühl, andere regen sich über das Verhalten der Eltern auf. Diese Anzeige rief eine besonders heftige Reaktion hervor:
User „Ya Ji Xiao Jie Aki“ schreibt hierzu wütend:
Microblogger „Bruder mit seltsamem Hut und Stil“ ist selbst Familienvater und wundert sich ebenfalls über solches Verhalten. Er schreibt:
Allerdings sind die Kleinen auch dann nicht sicher, wenn die Eltern sie kaum aus den Augen lassen. Nicht selten arbeiten sogar Geburtskliniken oder Familienplaner mit den Kriminellen zusammen.
Experten vermuten, dass das offizielle Ende der Ein-Kind-Politik im vergangenen November einen Rückgang im Kinderhandel zur Folge haben wird. Die Netizens jedenfalls sind sich einig, dass sowohl die sorgfältige Beaufsichtigung kleiner Kinder durch ihre Eltern wie auch eine aufmerksamere Öffentlichkeit einen wirksamen Beitrag zum Schutz der Kinder leisten können.
Zum Weiterlesen
Yong Yang: „Ärztin verkauft Babys – Kinderhandel in China nimmt neue Dimensionen an“ Stimmen aus China, 12.2.2014
Felix Lee: „Das blühende Geschäft mit den Kindern“ , Zeit Online, 5.12.2015
Till Fähnders: „Blog gegen Kinderhandel“ , Frankfurt Allgemeine Zeitung, 11.2.2011
DPA/Reuters: „China gelingt Schlag gegen Babyhändlerring“ ,Welt Online, 28.2.2014
Foto: Lei Han via Flickr