Chinesische Investoren haben 2014 die Rechte an der traditionsreichen deutsche Automobilfirma Borgward gekauft. Das Know-How kommt bisher überwiegend aus China. Um die Frage „wie deutsch“ dieses Auto tatsächlich ist, entwickelt sich im Netz eine lebhafte Diskussion.
Made in „Germany“?
Ein deutscher Name mit Tradition kommt in China immer noch gut an, denn diese stehen in China für Qualität und Status. Genau daraus möchten die chinesischen Investoren Kapital schlagen, wie der Vize-CEO von Borgward in China, Chen Weixu, in einem Interview bestätigt:
Im März 2014 erwarb der chinesische Lkw-Hersteller Beiqi Foton Motor die Rechte an dem Traditionsunternehmen. 2016 kamen die ersten Autos unter diesem Namen in China auf den Markt.
Borgward war nach dem Zweiten Weltkrieg der drittgrößte deutsche Autobauer, ehe er Anfang der 1960er Jahre Konkurs beantragen musste. Diese traditionsreiche Geschichte wird von den neuen Eigentümern aus China konsequent zu Werbezwecken herangezogen, um junge, wohlhabende Chinesen anzuziehen und die Autos im oberen Preissegment zu etablieren.
Doch einige Blogger, die sich mit der Autoindustrie auseinandersetzen, stellen auch kritische Fragen zum Projekt:
Der Kommentator einer Auto-Zeitschrift jedoch verteidigt in einem Artikel mit dem Titel „Die Betonung liegt auf dem deutschen Borgward, doch ist es wirklich so Deutsch?“ das Projekt gegenüber Zweiflern:
Im Kern ein Chinese
Umfragen zeigen, dass Chinesen immer noch ausländische Autobauer bevorzugen. 20% der in China verkauften Autos stammen von deutschen Herstellern. Doch lassen sich Chinesen so leicht von Werbekampagnen und Markennamen blenden?
Netizen James schreibt auf Weibo bezüglich des Borgward-Projekts:
Noch deutlicher bringt es ein anderer Internetnutzer auf den Punkt:
Chinas Absatzmarkt kennt keine Grenzen
Trotz der löchrigen Geschichte des Unternehmens wird Borgward in China dennoch auf kauffreudige Kunden treffen. Das Unternehmen will sich dort im oberen Marktsegment platzieren, und junge, gutverdienende Paare ansprechen, für welche ein VW oder BMW zu teuer wären.
Für ein in China gefertigtes Auto ist Borgward echt in Ordnung. Letztendlich wurden der Motor und das Getriebe verbessert. Aber wenn man dann die Preise sieht, sollte man es eher sein lassen…Was kann uns der leere Glanz von Borgward für Vorteile verschaffen? Vielleicht lediglich den schönen Traum, ein „deutsches Auto“ gekauft zu haben…, kommentiert ein Nutzer des Internetportals „Auto Sina“ die Perspektiven Borgwards in China.
Ob Chinese oder Deutscher, das Projekt Borgward kann man aus der Perspektive nostalgischer Romantik oder purem Wirtschaftsinteresses sehen. Letztendlich geht es jedoch darum mit deutscher Unternehmenstradition, chinesischer Technologie und den Träumen der neureichen Chinesen viel Geld zu erwirtschaften. Da muss die Romantik schon mal auf der Strecke bleiben.
Zum Weiterlesen:
„Was Borgward seinen Kunden nicht erzählt“, Handelsblatt, 18. April 2017.
Lukas Bay, Stefan Menzel, „China’s Car Makers Take On Luxury Brands”, Handelsblatt Global, 20. April 2017.
Viribus Unitis, “Borgward: Lupenreiner Chinese als traditionsreiches deutsches Marken-Auto“, contra-magazin.com, 1. März 2017.
Pingback: Nachrichten aus China – 19.05.2017 - ChinaTalk
Vielen Dank für den Beitrag!
Ein kleiner Vorschlag: 宽敞 und 宽度 im ersten Zitat könnten anstelle von „breit“ besser mit „geräumig“ bzw. „Geräumigkeit“ übersetzt werden.
Lieber Kai,
besten Dank für den Hinweis, den wir bereits eingebaut haben.
Viele Grüße,
Mirko
Wenn Borgward in China entwickelt, aber in Deutschland hergestellt und/oder montiert wird, dann ist das doch o.k., man schaue nur einmal auf Volvo. Man sollte hier endlich von dem hohen Ross herunterkommen. China wird wird in naher Zukunft die Nr. 1 in der Weltwirtschaft sein. Niemand sollte dieses große und großartige Land mit seiner langen Geschichte unterschätzen. Die chinesischen Techniker lernen sehr schnell. Wer das nicht glaubt, sollte mal mit einem chinesischen Hochgeschwindigkeitszug fahren. Dagegen ist der ICE eine alte Krücke. Vor Jahrzehnten wurde über die japanischen Kameras gelächelt. Und heute? Japanische und koreanische Auto müssen sich schon lange nicht verstecken und in vier bis fünf Jahren wird Made in China wie Made in Germany ein Qualitätsmerkmal sein.
Die Technologie ist Deutsch, auf hochster Ebene. 4.0.
Die Fertigung auch .
Qualitatsmaterial wird benutzt.
Design ist Deutsch.
Mann soll erstmal ein Borgward BX irl anschauen und probefahren bevor zu Urteilen.
Die Belegschaft, sowohl in China als auch in Deutschland, ist absoluut motiviert ein uberdurchschittliches gutes Auto zu bauen, die den Namen Borgward wurdig wist.
Mvg. Jan
Lieber Jan,
vielen Dank für deinen Kommentar.
Soweit aus Medien bekannt, gibt es derzeit noch keine Fertigung von neuen Borgward-Modellen in Deutschland. Die Pläne für ein Werk in Bremen wurden bisher nicht konkretisiert. Man kann daher die Tatsache, dass die Technologie, Fertigung und das Design deutsch seien durchaus in Frage stellen. Dass beim Bau kein Qualitätsmaterial verwendet werde, wurde in unserem Artikel nicht behauptet.
Viele Grüße.
Mirko