Vergiftete Milch, verpestete Luft, verdorbenes Speiseöl: Chinas Bürger sind solche Meldungen gewöhnt. Dennoch versetzt der Skandal um ungekühlte Impfstoffe aus der ostchinesischen Provinz Shandong Eltern in Unruhe.
Seit März 2016 gibt es täglich neue Meldungen über das Ausmaß des Impfskandals in China, der das fehlerhafte Kontrollsystem im Gesundheitswesen offenbarte. Regierungsbeamte, Zulieferer und Krankenhäuser haben lange davon profitiert, beinah abgelaufene und ungekühlte Impfstoffe an Kinder zu verabreichen.
Gefahr für die Zukunft des Landes
Chinesische Bürger sind zutiefst erschüttert. Viele haben den Babymilch-Skandal von 2008 sowie den Gossenöl-Skandal von 2011 noch im Gedächtnis. Der fahrlässige Umgang mit der Gesundheit der Kinder sorgt dabei besonders für Empörung. Weibo-Nutzerin „Liang Baikai“ sorgt sich deshalb:
Eine andere Internet-Nutzerin berichtet ebenfalls von ihren Ängsten :
Eine anonyme Nutzerin des Netzwerkes Weibo berichtet hingegen von ihrem familiären Schicksal:
Gesundheitsschädigende Impfstoffe?
Bei aller Panik um die kürzlichen Enthüllungen vergessen viele, dass Probleme mit Chinas Impfstoffen nicht neu sind. So findet derzeit die Foto-Dokumentation des Journalisten Guo Xianzhong aus dem Jahre 2013 wieder Beachtung. Dieser zeigte nach langer Recherche die desaströsen Nebenwirkungen von Impfstoffen und schrieb damals:
Angesichts dessen bewahren wenige wie Userin “Menschen, die Bücher hören, weinen nicht” die Ruhe:
Eine Überreaktion in den sozialen Netzwerken befürchtet auch der erfahrene Blogger „He Caitou“. Er prangert an, dass zwischen tatsächlichen und scheinbaren Ursachen nicht mehr unterschieden wird.
Chinas Bürger sind seit langer Zeit an nicht enden wollende Gesundheitsskandale gewöhnt. Internet-User „Tapferer Zhang mit Windpocken“ teilt daher eine im Internet weitverbreitete Satire des chinesischen Alltags:
Gefahr im Verzug?
Das Vertrauen in die Fähigkeit der Regierung, die Gesundheit und sichere Versorgung ihrer Bürger zu gewährleisten, scheint nun endgültig verloren zu sein. Eine der schlimmsten Konsequenzen daraus könnte die fehlende Bereitschaft sein, sich impfen zu lassen. Bloggerin “Jian Qing” gibt auf Weibo einen Einblick in ihr Dilemma:
Gerade Personen, die lange für die Akzeptanz von Impfungen in der chinesischen Gesellschaft gekämpft haben, resignieren nun angesichts der neuesten Erkenntnisse. „Impfungen und Wissenschaft”, der Information zu Impfstoffen auf seinem Mikroblog teilt, äußert sich verzweifelt:
China hat in den letzten Jahrzehnten viele Epidemien wie z.B. SARS (2003) erfolgreich eingedämmt. Falls sich allerdings tatsächlich viele Chinesen in Zukunft gegen eine Impfung entscheiden, würde dies tragischerweise das Tor für epidemische Krankheitsentwicklungen wieder aufmachen.
Zum Weiterlesen
Manya Koetse: “ Vaccine Scandal : Illegal Vaccines sold Throughout China”, What’s On Weibo, 22. März 2016.
Ning Wang:“ Impfskandal in China: Panschen bis der Arzt kommt“, Tagesspiegel, 16. April 2016.
Chublic Opinion: “Immune: In the Name of Rationality”, 4. April 2016.
Beitragsbild: © ZaldyImg via Flickr.