Am 6. Januar 2016 meldete Nordkorea den erfolgreichen Test einer Wasserstoffbombe. Nach Untersuchungen der seismischen Aktivität im Testgebiet handelte es sich jedoch „nur“ um eine deutlich schwächere Atombombe. Dieser Unterschied interessiert chinesische Netizens allerdings wenig. Sie finden, die eigene Regierung könnte mehr tun, um sie zu schützen.
Zwischen Angst und Ärger
Nordkoreas Atomwaffentest fand nicht weit entfernt der Grenze zum Nordosten Chinas statt. Chinesische Behörden wussten zudem nichts von der Aktion; bei einem Test 2006 gab Nordkorea China zumindest noch kurz vorher Bescheid.
Nach Ansicht chinesischer Netizens sollte die chinesische Regierung jedoch nicht erst auf Nordkoreas Bekanntgabe warten. Netizen „Hey_Viagra“ reagiert auf einen Post der Toutiao News:
Auch „Dorfvorsteher Liu Bang“ fordert mehr Einsatz der chinesischen Behörden. Er kommentiert einen Weibo-Post der regierungstreuen Globaltimes:
Ein großer Teil der chinesischen Netzbürger sieht Nordkorea als buchstäbliche tickende Zeitbombe. Weibo-Mitglied „Glückliche Reiseroute V“ gibt zu bedenken:
Dass Nordkorea rückständig ist, meint auch Netizen „Medienpersönlichkeit Ou Fei“ und zieht diese Schlüsse:
Verständnis für Nordkorea
Bei allem Ärger können Chinas Netizens auch Bekanntes in Nordkoreas Verhalten entdecken. Nicht wenige messen den Nachbarn am China der Mao-Ära. Weibo-User „Yi Bao“ argumentiert in einem Post:
Internetuser „Musikwelle“ hingegen drückt ihre Verunsicherung darüber aus, wie sie den Atombombentest eigentlich einzuschätzen hat:
Bei allem Verständnis sind sich Chinas Netizens einig, dass dieser Atomwaffentest international nicht folgenlos bleiben wird. Die Einschätzungen der Militär-Expertin „Shao Yongling“ erhält auf Weibo mehrere hundert Likes. Sie scheint somit die Erwartungen vieler Netzbürger widerzuspiegeln:
Angesichts dessen ist Weibo-Mitglied „Wang Chong“ nicht der Einzige, der es auch für China an der Zeit hält, gegenüber Nordkorea andere Saiten aufzuziehen:
Obwohl der Test von chinesischer Seite offiziell scharf verurteilt wurde, dürfte ein Kurswechsel der chinesischen Regierung ausbleiben. Wahrscheinlicher ist, dass sie eine Konfrontation mit Nordkorea und dessen mögliche Destabilisierung unbedingt verhindern möchte. Gemessen an einem Exodus der nordkoreanischen Bevölkerung sowie dem erhöhten Einfluss der USA im Falle einer koreanischen Wiedervereinigung erscheinen der Regierung Atomtests das geringere Übel zu sein.
Zum Weiterlesen:
Adam, Tobias: „Reine Provokation oder reelle Gefahr? Chinesische Blogger über nordkoreanische Drohgebärden“, Stimmen aus China, 16.04.2013.
Gerichhausen, Daniel: „Kim Jong-un und seine Bombe – Neue Eskalation im Streit um Nordkoreas Atomprogramm“, Stimmen aus China, 28.01.2013.
Becker, Markus: „Atomtest in Nordkorea: Kims Möchtegern-Wasserstoffbombe“, Spiegel Online, 06.01.2016.
Spekulationen bestätigt: „Nordkorea meldet erfolgreichen Test einer Wasserstoffbombe“, Spiegel Online, 06.01.2016.
Zand, Bernhard; Wagner, Wieland: „Angeblicher Atomtest: Nordkorea provoziert seine Nachbarn“, Spiegel Online, 06.01.2016.