In China existieren mittlerweile etliche Geisterstädte, sprich nahezu unbewohnte, aber voll ausgestattete Städte. Wie z.B. „New Ordos“, die berühmteste unter ihnen. Viele wurden erst vor kurzer Zeit aus dem Boden gestampft. Das Thema polarisiert auch die chinesischen Netizens, von denen sich einige sogar direkt aus jenen Städten melden.
Geisterstädte: Ein bizarrer Anblick
Viele Netizens berichten von ihren Besuchen in bekannten Geisterstädten. So auch Weibo-Mitglied „Costa Rica Guana“, der in New Ordos unterwegs war.
Als ich das erste Mal nach Ordos kam, habe ich eine wahre Geisterstadt kennengelernt. Die Straßen sind ausgedehnt, Gebäude an Ort und Stelle, reiche Ressourcen lassen es hier nicht an Geld mangeln. Es gibt viele tolle Autos und Platz, aber nur wenig Menschen auf den Straßen. Abends sind keine Fußgänger unterwegs und in den Wohngebäuden brennen nur vereinzelt Lichter. (…)第一次来到鄂尔多斯,就体会到传说中的鬼城了。道路绝对宽敞,建设绝对到位,羊煤土气令得这里绝对不差钱,好车绝对多,地方绝对大,路上人绝对少。晚上街上没行人,住宅楼零星的亮几盏灯。(…)
Die Mitglieder der chinesischen Internetgemeinschaft empfinden die Atmosphäre, die sie in den Städten antreffen teils als unheimlich. So „Gh-harry“, der aus seiner ehemaligen Heimatstadt Hebi in der Provinz Henan berichtet.
(Diese Stadt) verdient es wirklich, Geisterstadt genannt zu werden! Eine kleine Brise zieht vorüber, es ist kalt…ich beeile mich, nach Hause zu kommen, bevor ich von einem Zombie erwischt werde…不愧是我大鬼城!小风吹的嗖嗖的,冷屎...赶紧回家,免得被尸僵叼去...
Ganz allgemein bringt es Netizen „Verliebter Dongdong“ auf den Punkt:
(…) Diese großen, leer stehenden Wohnungen geben einem ein postapokalyptisches Gefühl.(…)大面积空闲de房子,给人们一种人类文明灭亡后的感觉。
Ungerechtigkeit und Verschwendung
Die Situation auf dem Immobilienmarkt erscheint vielen als paradox. Weibo-Mitglied „Der Geist der Konstruktionskosten eines Bauprojekts“ stößt etwa die Geldverschwendung im Angesicht großer sozialer Unterschiede sauer auf.
Bei einer Wirtschaftskrise vernichten manche Kapitalisten unverkäufliche Produkte (…). Die Armen dagegen sammeln die schlechtgewordenen Lebensmittel aus dem Müll auf, (…) um ihren Hunger zu stillen. Das ist vergleichbar mit den Geisterstädten in der Immobilienbranche, wo sich ein Großteil der Niedrigverdiener nicht mal eine bescheidene Mietwohnung leisten kann. (…)经济危机时有的资本家把卖不出去的产品销毁,(…)而穷苦的人却捡(…)垃圾变质食品充饥,现在房地产业出现鬼城,而中国大部分打工仔买不起房住在狭小的出租屋里很相似的情节。(…)
Internet-User „NEW_PATTERN“ wiederum beklagt die völlige Überdimensionierung von Neubauten, sogar in gewachsenen Städten.
Die Wohngebäude in Changzhou sind alle unnatürlich hoch. Um die 30 Stockwerke. Wie viele Leute leben dort eigentlich?! (…) Nicht einmal Shanghai hat so eine hohe Stockwerkdichte!常州房子楼层都偏高、动则30层左右,你常州有多少人口!(…)看看大上海也没有这么高的楼层密度!
Dass die betroffenen Städte dadurch immer weiter zu Geisterstädten verkommen, beschreibt Netizen „LOVELVA Guoguo“.
Gestern ist mir vollkommen klargeworden, warum der östliche Teil Zhengzhous zu einer Geisterstadt geworden ist. Keine Straßenlampen, keine Busse, keine Taxis, keine Menschen. Manches hier ist nur kalte Hülle (…). Schaltet doch wenigstens einen Teil der Straßenlampen an. Was war denn eigentlich die ursprüngliche Idee hinter dem Aufstellen dieser Requisiten?! Ist das etwa „Street Art“ oder was?!!!昨天是彻底感受了郑州东区为什么成为鬼城. 没有路灯,没有公交车,没有出租车,没有人,有的只是一座座冷冰冰的空壳(…) 你至少把路灯给开部分吧,真心不知道这些道具当初建的初衷是什么?!难不成是“街头艺术”费解!!!
Ein offenes Geheimnis ist zudem, dass ein nicht unerheblicher Teil der Wohnungen auch leer steht, da sie – von denen, die es sich leisten können – als Geldanlage genutzt werden. Weibo-User „Wuguo wuguo“ legt dies in seinem Kommentar auf einen Post der Phoenix Finance nahe.
Natürlich gibt es ungenutzte (Wohnungen). Das liegt aber hauptsächlich daran, dass der Einwohnerzustrom von außerhalb zu gering ist. Deshalb sind die meisten dieser Wohnungen Zweitwohnungen lokaler Einwohner. Natürlich bleiben sie ungenutzt.当然有闲置,但主要是外地人流入极少,所以大多是本地人两套房,自然有一套就闲置咯。
Suche nach den Ursachen
Viele Netizens sehen insbesondere die nach Geld und Prestige strebenden Lokalregierungen in der Schuld. So auch Internet-User „Teng Xiaodong“, der auf einen Post der „Chongqing Immobiliensuche“ antwortet:
Die Lokalregierungen träumen doch alle davon, das große Geld zu machen und ihre Trumpfkarte ist der Boden. (…)地方ZF做梦都想发大财,土地就是他们手中的王牌,(…)。
Netizen „Chen Renke“ macht für die Misere daneben die Bauträger verantwortlich, die ohne Rücksicht auf ein natürliches Städtewachstum ganze Retortenstädte in die „Walachei“ pflanzen.
(…) Städte entwickeln sich natürlich aus der Geschichte heraus, in die nicht künstlich eingegriffen werden kann. Wenn man diesen Grundsatz missachtet, kann dabei nur eine Geisterstadt herauskommen. Deshalb sollten Bauträger bei der Auswahl eines Gebietes zumindest darauf achten, dass sie (…) so etwas ablehnen, da es nicht dem natürlichen Entwicklungspfad entspricht (…).(…) 任何一个城市的发展都有其历史性和自然规律,大多数时候并不因人为的因素而改变,如果违背了这种原则,就只能出现鬼城。因此开发商在选择开发地块时,(…)不符合规律的(…)都要坚决放弃,至少要慎重小心。
Zum Weiterlesen
Ines Henning: „Wann platzt die Blase? Chinas Berg- und Talfahrt auf dem Immobilienmarkt nach dem Konjunkturpaket“, Stimmen aus China, 15.01.2012.
Jonas Becker: „Sind Chinas Geisterstädte bald passé?“, 21 China, 10.08.2014.
„Niemand will in Chinas riesiger Geisterstadt leben“, Die Welt, 15.04.2012.
Mamta Badkar: „China’s Most Famous Ghost City Got Even Worse In The Last 4 Years“, Business Insider, 09.06.2014.
Darman Richter: „Welcome to Ordos: The World’s Largest ‘Ghost City’“, Februar 2014, The Bohemian Blog.
Wade Shepard: “5 Chinese Ghost Cities that Came Alive”, Vagabond Journey, 10.07.2014.
Wade Shepard: “The Story of Ordos Kangbashi, China’s Most Famous Ghost City”, Vagabond Journey, 24.08.2014.
Zum Weiterschauen
„Geisterstadt Ordos (9.10.2011)“, Youtube, 10.10.2011.
„China’s Empty Cities House 64 Million Empty Apartments“, Youtube, 18.04.2011.
„China’s Incredible Ghost Cities Will Make Your Jaw Drop“, Youtube, 30.09.2013.