Seit der wirtschaftlichen Öffnung des Landes war es chic, Wohnvierteln und anderen Orten ausländisch klingende Namen zu geben. Damit soll jetzt Schluss sein, denn Präsident Xi Jinping fordert eine Rückbesinnung auf die eigene Kultur.
Wohnviertel wie Sonniger Barock阳光巴洛克小区, Santiago (de Chile)圣地亚哥 und Südliches Venedig南国威尼斯城 oder Markennamen wie Vienna International Hotels维也纳国际酒店 lagen lange Zeit im Trend. Sie galten als modern und fortschrittlich und sollten zum Beispiel Wohnungskäufer anlocken.
Neuerdings jedoch erregen sie das Missfallen der Kommunistischen Partei (KPCh), da sie dem Prinzip eines starken kulturellen Selbstbewusstseins zuwiderlaufen. Lokalregierungen beginnen nun daher solche Ortsnamen zu ändern.
Warum fern, wenn es auch nah gibt?
Bereits 2016 erläuterte Präsident Xi auf einer Gedenkveranstaltung zum 150. Geburtstag des Gründers der ersten chinesischen Republik, Sun Yat-sen, die Hintergründe dieser Parteirichtlinie:
Mit dieser Ideologie und der daraus resultierenden Parteirichtlinie scheint die KPCh einen Nerv zu treffen, so meint etwa Netzbürger „Shang Yang“:
Die Richtlinie bedient auch die Sentiments nationalistisch, patriotisch eingestellter Chinesen, wie etwa „Phoenix Netizen VS20L1“, der viel tiefergreifendere Veränderungen befürwortet:
Nutzen rechtfertigt nicht den Aufwand
Die Idee der Umbenennung trifft jedoch nicht nur auf Zustimmung. So häufen sich Stimmen, die die Praktikabilität der Aktion bezweifeln. Ein Nutzer der regierungstreuen Webseite „Phoenix News“ schreibt beispielsweise:
„An den Phoenix anlehnend“ aus der Provinzhauptstadt Fuzhou erläutert, was auf Mieter und Pächter zukommt:
Spott für die Richtlinie
Auf der Webseite Wenxuecity, die vor allem von Chinesen außerhalb der Volksrepublik genutzt wird, wird die Namensrichtlinie ins Lächerliche gezogen und mit Systemkritik verbunden. Netizen „Wenn man nicht sprechen will, kann man es auch lassen“ meint:
Dieser Netizen spielt hierbei darauf an, dass ein großer Teil moderner politischer Begriffe über Japan nach China kam.
Aber auch auf Webseiten, die in der Volksrepublik selbst angesiedelt sind, bleibt Spott für die neue Politik nicht aus. Beliebt ist der Hinweis auf ein über die Ländergrenzen hinaus bekanntes chinesisches Unternehmen, dem eine Verherrlichung der arabischen Kultur vorgehalten wird:
Das Volk im ganzen Land fordert eine Umbenennung von Alibaba!!!全国人民强烈要求阿里巴巴改名!!!
Zum Weiterlesen:
Westliche Astrologie in China: “Steinböcke sind die besten Liebhaber”
Friederike Böge: „Chinas Kulturkämpfer“, Frankfurter Allgemeine Zeitung Online, 25. Juni 2019.
He Huifeng: “China still committed to getting rid of ‘big, foreign and weird’ place names”, South China Morning Post, 22. Juni 2019.
Eine Liste der betroffenen Gebäude in der Provinz Hainan (auf Chinesisch) findet sich unter dem Link.