Wahlen in Hongkong: Ein Fest für Zensur und Propaganda

Wahlen in Hongkong: Ein Fest für Zensur und Propaganda

Quartz-Schnappschuss von Weibo: Auflistung der Ergebnisse zur Suche nach „Hongkong Wahlen“. Es erscheinen nur Ergebnisse von Zeitungen aus Hongkong und Übersee. http://tinyurl.com/j42bvv9

Hongkongs Bevölkerung hat vor kurzem eine neue Legislativversammlung (LegCo) gewählt. Sowohl auf dem Festland als auch in Hongkong wurden mediale Berichterstattung und Netzbeiträge jedoch stark zensiert. Dies bereitet vor allem den Hongkongern große Sorgen, da sie ihren Sonderstatus mit mehr Presse- und Versammlungsfreiheit in Gefahr sehen.

 

Es stand viel auf dem Spiel bei den diesjährigen Wahlen in Hongkong, denn es war die erste Wahl nach der Regenschirm-Bewegung 2014, die sich gegen eine verstärkte politische Einmischung Pekings richtete.

 

Angesichts dieser großen Bedeutung scheint es ungewöhnlich, dass vor allem positive Kommentare seit der Wahl im Internet selten zu finden sind. Die chinesische Zensurbehörde schränkt mit aller Macht die Berichterstattung zur Wahl in Hongkong ein, sowohl in Zeitungen als auch in sozialen Netzwerken. Auf Chinas größtem sozialen Netzwerk Sina-Weibo ergibt die Suche nach „Hongkong Wahl“ nur wenige Ergebnisse.

 

Ein gelöschter Kommentar eines unbekannten Netizens wurde vom China Media Project der University of Hong Kong veröffentlicht:

 

(…) Ein Slogan von Nathan Law lautet „dem Kommunismus widerstehen“. Hehe, der Aufstieg der radikalen Fraktion (oder der Unabhängigkeitsfraktion) ist in vollem Gange. Und die (Peking-treue) Demokratische Allianz ist fassungslos. Die Veränderungen im Legislativrat sind nun offensichtlich. (…)(。。。)羅冠聰的一个口号是“抵挡赤化”,呵呵。激进本土派(或称港独派)崛起,而温和泛民和中间路线受挫。香港立法会生态变化明显。(。。。)

 

Auch der folgende Kommentar war politisch zu sensibel und wurde entfernt:

 

Es gibt Leute, die sagen: „Gäbe es das heutige China ohne Mao?“ Meine Antwort lautet: „Ohne Mao gäbe es natürlich nicht das heutige China, denn wir wären mit Sicherheit so wie Hongkong, Macao und Taiwan. Ein freies und sicheres Leben. (…)有人说:“没有毛会有中国的今天吗?”我回答::”沒有毛,绝对不会有今天,我们一定像香港、澳門、台湾那样,过着自由安逸的生活...…(…)

 

Gelenkte Berichterstattung

 

Neben der Zensur von Kommentaren hat die kommunistische Zentralregierung ebenfalls versucht, den Diskurs des Wahlkampfes bis zum Schluss zu beeinflussen: einerseits durch ausgewählte Berichterstattung, andererseits durch das Redigieren von Peking-freundlichen Netzbeiträgen. Am Tag nach den Wahlen in Hongkong gab es in einer Datenbank mit über 300 chinesischen Zeitungen lediglich einen einzigen chinesischsprachigen Bericht über die Wahlen. Dies steht im starken Kontrast zu 166 Berichten in lokalen Zeitungen aus Hongkong. Auch wurde in der Folge ein eher kritischer Ton gegenüber der neuen politischen Generation angeschlagen. Ein bekannter Aktivist wurde nach der Wahl von der Webseite www.stnn.cc folgendermaßen präsentiert:

 

Vor ungefähr 10 Jahren hatte Eddie Chu an Protesten zum Erhalt des ‚Star Ferry Pier‘, an Demonstrationen gegen die Hochgeschwindigkeitstrasse sowie die Stadtgärten teilgenommen. Er hat ebenfalls vor einigen Monaten die Tian Shui Wai-Proteste vor den Regierungsgebäuden Hongkongs veranstaltet und wurde anschließend wegen „mutmaßlichen Diebstahls“ verhaftet.约十年前,朱凯廸参与保育天星和皇后码头运动,亦曾参加反高铁、保衞菜园村等示威活动。他数月前到天水围泥头山将泥头运到政总示威,涉嫌“盗窃”而被捕

 

Aktive Propaganda

 

Und auch die 50 Cent-Parteimitglieder haben während der Wahl eine aktive Rolle gespielt, wie folgender Kommentar des Internet-Nutzers Sucker und die Reaktionen darauf zeigen:

 

Diese Personen erinnern sehr stark an die Roten Garden während der Kulturrevolution. Sie waren 23-24 Jahre alt und wussten nichts Sinnvolles anzufangen. (…) Wer am lautesten schrie, gewann. So wie ihr es heute anstellt, hat es die Kommunistische Partei bereits vor 50 Jahren gemacht. (…) Aber egal wie die politische Gesinnung ist, die meisten Leute lehnen die Unabhängigkeit Hong Kongs ab. (…) Ihr wollt ein paar Millionen Menschen unabhängig machen, dies aber ohne Unterstützung von 1,3 Milliarden Mitbürgern? Denkt ihr wirklich, dass ihr so gewinnen könnt? (…)这些人像极了文革时候的红卫兵,二十三四岁,根本不懂做实事 (。。。)谁造反谁的声音大谁上台,你们玩这些,共产党50年前就玩过了。(。。。)民众不管政治立场如何,大多数对于鼓吹独立是极其反感的。(。。。)拉个几十上百万人就独立,不争取大陆13亿民众的支持,反而与之为敌,你们觉得你们能赢吗?(。。。)

 

Doch viele Hongkonger Netizens durchschauen solch offensichtliche Propaganda und kritisieren diese lautstark. Nutzer Xie Lei schreibt als Antwort auf den oben zitierten Kommentar:

 

Von klein an wurden wir von der Kommunistischen Partei einer gewaltsamen Gehirnwäsche unterzogen. Nun ist das Land schwach, die Partei aber stark. Sie ist unser Feind und die Demokratie unser Freund. (…) Die Kommunistische Partei hat keine Unterstützung im Volk und kann daher nicht gewinnen.中国人从小就被中共强迫洗脑。现在是国力衰弱,中共强盛,中共是我们的敌人,民主是我们的朋友(。。。)中共不得人心,是不会赢的。

 

 

Sorgen um Hongkongs Zukunft

 

Es sind diese perfiden Methoden der Zensur und aktiven Propaganda, die den Bürgern in Hongkong Sorgen bereiten. Während der diesjährigen Wahlen haben viele gemerkt, dass der Nachrichtenkrieg gegen Peking schwer zu gewinnen ist. Netizen Zhu Wentong stellt im Blick auf die Zukunft konsterniert fest:

 

(…) Die Kommunistische Partei erlaubt Hongkong keine demokratischen Freiheiten. (…) Und sie lässt Hongkong zu einem stinkenden Hafen verkommen (…) Die Verantwortung liegt ganz klar bei der Partei, denn sie hat das von ihr ausgearbeitete „Grundgesetz Hongkongs“ selbst zertrampelt.中共不讓香港民主自由,(。。。) 把香港變成臭港死港(。。。)責任完全在中共,是他們踐踏自己制定的《香港基本法》。

 

Und User Zhou Yan muss zynisch feststellen:

 

Es gibt gute Neuigkeiten für das chinesische Volk. Peking hat wieder mal sein System der Kontrolle und Überwachung ausgeweitet.中国民众好消息:又增北京当权者制衡力量

 

 

Zum Weiterlesen:

 

Mirko Woitzik, Wahlen in Hongkong: Wohin will die Metropole?, Stimmen aus China, 5. September 2016

 

David Bandurski, What Hongkong Election?, China Media Project, 5. September 2016

 

Huang Zheping, What election? Information about Hong Kong’s historic vote is blocked or censored in China, Quartz, 5. September 2016

 

Foto: Quartz-Screenshot von Weibo, http://tinyurl.com/j42bvv9

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