Kurz vor der Gedenkfeier zum 70. Jahrestag der japanischen Kriegskapitulation im zweiten Weltkrieg wurden im August und September 2015 die chinesischen Filme „Cairo Declaration“ und „Hundred Regiments Offensive“ veröffentlicht. Die offensichtliche Einflussnahme aus politischen Kreisen sorgte unter den chinesischen Bürgern für großes Aufsehen.
Neben außenpolitischen und wirtschaftlichen Offensiven versucht die chinesische Regierung ihren kulturellen Einfluss weltweit auszubauen. Ein Communiqué des Zentralkomitees von 2011 kam zu dem Schluss, dass es eine dringende Aufgabe sei, die Soft Power des Staats zu stärken. Um Chinas Geschichte aus eigener Sicht zu präsentieren, fördert sie unter anderem die Filmindustrie.
Besonders von Bedeutung war dies im Vorfeld der Gedenkaktivitäten um den 70. Jahrestag der japanischen Kriegskapitulation im zweiten Weltkrieg. Politische Kriegsepen, darunter auch die „Cairo Declaration“ und „Hundred Regiments Offensive“ kamen in die Kinos.
Im ersten Film geht es um die Konferenz von Kairo (1943), bei welcher der britische, amerikanische und chinesische Regierungschef die Kriegsziele im Pazifikkrieg gegen Japan besprachen. Für China war der damaligen Anführer der Nationalistenpartei Kuomintang Chiang Kai-shek angereist.
Erstaunlicherweise wird auf den offiziellen Werbematerialeien des Films jedoch der spätere Präsident Mao Zedong (1949-1976) gezeigt. Dieser hatte als Anführer der Kommunistischen Partei Chinas mit der Konferenz nichts zu tun. Die Irreführung der Zuschauer wird hier bewusst in Kauf genommen.
Reaktionen im Netz: Unmut und Sorge
Unter den Internetnutzern sorgte diese Art der politischen Einflussnahme für viel Unmut und Sorge. Der Weibo-Blogger und Filmkritiker Sima Pingbang stellte enttäuscht fest:
Selbst die staatlich kontrollierte Tageszeitung „Global Times“ übte in einem Leitartikel Kritik an der verzerrten Darstellung im Film.
Der bekannte Filmkritiker und Professor der Tongji Universität Zhu Dake sprach öffentlich aus, was viele denken:
Zu ebenfalls unorthodoxen Mitteln griff man bei der Förderung des Films „Hundred Regiments Offensive”. Der Film behandelt eine Großoffensive der chinesischen Revolutionsarmee gegen die japanische Besatzung in Zentralchina im Jahre 1940.
Um den Umsatz und die Verbreitung des patriotischen Films zu steigern, wurden Kinobetreiber von der Regierung angehalten, den Verkauf von Kinokarten „mit allen Mitteln” zu durchzusetzen.
Die patriotische Bildung der Bürger ließ man sich einiges kosten. Zur Motivation durften Kinobetreiber nämlich den gesamten Ticketpreis behalten und mussten nicht wie sonst üblich 43 Prozent an die Vertreiber abgeben.
Ganze Schulen waren, wie Netzbürger „Alte Straße“ berichtet, gezwungen sich den Film gemeinsam anzuschauen.
Netzbürger „Jadore“ erzählt auf Weibo ebenfalls aus erster Hand, wie sie diesen Film sehen musste.
Politische Blockbuster zwischen Kommerz und Ideologie
Gemeinsam mit anderen politischen Blockbuster-Filmen wie „Aftershock“ sind „Cairo Declaration“ und „Hundred Regiments Offensive“ Filme, die den Spagat zwischen kommerziellem Druck und politischer Ideologie schaffen müssen.
Wie kritisch Chinas Filmemacher dem gegenüber stehen, zeigt der Kommentar vom Präsidenten der Produktionsfirma Huayi Brothers Wang Zhonglei:
Wo sind unsere ganzen Kinoeinnahmen geblieben? Nehmt bitte eure dreckigen Finger weg!票房都去哪了?请拿开脏手!
Es bleibt abzuwarten, wie viele Besucher solche Filme zukünftig in die Kinos locken. Ob diese aber überhaupt Einfluss darauf haben, welche Filmvorführung sie zu sehen bekommen, darf bei folgender Anekdote jedoch bezweifelt werden: Kinobesucher bekamen absichtlich Karten für den Film „Hundred Regiments Offensive“ ausgehändigt, obwohl sie einen anderen Film sehen wollten. Ein Video vom Ticketkauf stellten sie mit diesem Kommentar anschließend als Beweis ins Internet:
Die Kinoeinnahmen zu stehlen ist wirklich eine Schande. Die Filmindustrie ist krank!偷票房行为严重可耻!行业病瘤!
Zum Weiterlesen:
Lisa Krauss: „Sieben-Tage-Woche: Netizens verpassen Chinas größte Militärparade„, Stimmen aus China, 12. Oktober 2015.
„In China boomen Propaganda-Filme mit Mao-Imitatoren“, Die Welt, 05. Februar 2015.
Tom Philips: „Blogger ridicule Chinese film placing Mao Zedong at key wartime conference„, The Guardian, 17 August 2015.
Beitragsbild: Filmplakat via Wikipedia.