Wer nur hart genug arbeitet, der kann seiner Armut entfliehen: So reagieren die Nutzer des Mikroblogging-Dienstes Weibo auf eine Reportage, die die Lebensumstände von Chinas Ärmsten dokumentiert.
In dem millionenfach angeklickten Artikel „Das Leben von Chinas Ärmsten: Mensch und Tier in einem Haus, dreimal im Jahr gibt es Fleisch zu essen探访中国最穷困人口生活:人畜同住1年吃3次肉“ berichten Journalisten von ihrem Besuch in der südwestlichen Provinz Sichuan.
Die Familien dort teilen sich eine notdürftige Hütte mit ihrer Kuh. Reis und Fleisch sind für sie Luxus. Doch dieses abgelegene Dorf ist kein Einzelfall. In China leben ca. 70 Millionen Menschen unter ähnlichen Bedingungen. Die Mehrheit befindet sich in den ländlichen Gebieten von Chinas Binnenprovinzen.
Der Bericht und seine Bilder lösen bei Weibo eine rege Diskussion über Armut in China aus. „Ihr seht nur die Armut und nicht die Faulheit (die dahinter steckt)!你们只看到穷,看不到懒! (…)“ kritisiert Weibo-User „Verrückter Ahorn“ andere Netizens, die Mitleid zeigen:
Ich habe zwar immer gewusst, dass es in China ein großes Ost-West-Gefälle gibt, aber nachdem ich diesen Artikel gelesen habe, bin ich immer noch aufgebracht.一直都知道中国东西部贫富差距巨大,但当看到这个新闻的时候心还是颤栗了一下. (…)
Doch für die Mehrheit ist die Sache eindeutig: Armut im heutigen China ist selbst verschuldet. Besonders, diejenigen, die wie Weibo-Nutzerin „Tastaturheldin Maria“ aus ähnlichen Verhältnissen stammen, sehen das so.
Das ist ja schlimmer als in meinem Dorf vor 20 Jahren. Der wesentliche Grund für Armut ist Faulheit. Diese Armen wollen doch, dass die Regierung ihre verdammten Probleme löst. Wenn ihr keinen Reis habt, baut welchen an. Wenn ihr kein Fleisch habt, dann züchtet Vieh. So einfach ist die Sache. 这比二十年前我的农村生活还要差...穷的主要原因就是懒,(…) 政府解决个屁事。(...) 大米没有就种,肉没有就养。。这很简单的道理。(...)
Auch Weibo-Mitglied „Fließt wie Wasser“ stimmt dem zu:
Warum ziehen sie nicht weg und suchen sich Arbeit? Ich komme auch vom Land und bei uns ist aus jeder Familie jemand weggegangen. Wir waren zwar nicht ganz so arm, aber unsere Einstellung ist wohl eine andere.(...) 他们为什么不出去挣钱呢 我也是农村的 基本每家每户都是出去挣钱 没有哪家是这么穷的 可能风气不同吧
Zum Weiterlesen
Melanie Adamietz: „Der chinesische Traum – Alte Masche neu verpackt? Chinesische Blogger diskutieren das Motto der Nation“, Stimmen aus China, 06.08.2013.
Ines Hennig: „Chinas 58 Mio. Wanderarbeiter-Kinder – eine Kindheit ohne elterlichen Schutz und Geborgenheit“, Stimmen aus China, 14.04.2012.