Keine Organe von Strafgefangenen

Keine Organe von Strafgefangenen

Bisher stammen viele Organe von hingerichteten Häftlingen © Tiiu Sild, via Wikimedia Commons

Menschenrechtsorganisationen hatten der VR China wiederholt vorgeworfen, die Organe hingerichteter Straftäter ohne deren Einverständnis gespendet oder sogar verkauft zu haben. Jetzt soll sich diese Praxis ändern.

 

Ab dem ersten Januar 2015 will China auf die Verwendung von Organen hingerichteter Gefangener verzichten. Das teilte der Leiter des chinesischen Organspende-Komitees, Huang Jiefu, mit. Die für Transplantationen benötigten Organe sollten künftig ausschließlich von freiwilligen Spendern kommen, sagte der frühe Vize-Gesundheitsminister.

 

Gutes Image für China

 

Die neue Regel stößt bei vielen Bloggern und Netizens auf ein positives Echo, so auch bei Qian Guilin:

 

Dass die Verwendung von Organen hingerichteter Gefangener verboten wird, zeigt den Respekt des Staats gegenüber den verurteilten Straftätern (…). Es sorgt darüber hinaus für ein gutes Image für China als verantwortungsvolle Großmacht. “禁止使用死刑犯进行器官移植”,反映了国家对死刑犯人格的尊重。(…)尽显中国是世界上极其负责任的一个大国之良好形象。

 

Bisheriges Organspendensystem  ein Auslaufmodell

 

Der Online-Kommentator He Yonghai lobt die neue Regel, und glaubt, dass die Organspenden von Hingerichteten ohnehin nie eine Lösung gewesen seien.

 

(Die neue Regelung) ist ein wertvoller Fortschritt. Die Tatsache, dass immer weniger Straftaten mit der Todesstraft verfolgt werden, hat sowieso zur Folge, dass das bisherige System, bei dem ein großer Teil der Organspenden von hingerichteten Häftlingen stammt, nicht mehr funktionieren wird.这无疑是可贵的进步。事实上,我国正在逐步减少死刑罪名,正在少用、慎用死刑,依赖死囚捐献器官的道路会很快行不通。

 

Voreilige Entscheidungen

 

Für Blogger „Das Drei-Auge, das auf die Bildung schaut“ kommen diese Entwicklungen zu früh. Bei der derzeitigen Organknappheit könne es sich China gar nicht erlauben, auf die Organe von Hingerichteten zu verzichten. Darüber hinaus sollten auch Häftlinge frei darüber entscheiden können, ob sie ihre eigenen Organe spenden wollen oder nicht.

 

Wird den Verurteilten das Recht aberkannt, ihre eigenen Organe zu spenden? Wenn ihre Organspende gerade jetzt gestoppt wird, was wird dann aus den rund 300.000 Patienten? Können die solange warten bis sich die Bereitschaft zur Organspende (in der Bevölkerung) verbessert? (…) Es ist einfach nicht zu verstehen, warum die bisherige Praxis, die 90 Prozent aller Organtransplantationen ausmacht, aufhört, und die neue Regel eingeführt werden soll, bevor eine bessere Lösung gefunden wird.死刑犯自愿捐献自己器官的权利是否被剥夺?(…) 如果现阶段停止死囚器官捐献,那么全国30万患者怎么办?他们能等到“器官捐献的形势将越 来越好”的那一天?(…) 在没有形成好的形势下,先行停止90%的捐献, 也就是在没有解决问题的更好方法时,出台这样一个办法,实在令人费解。

 

Die Bereitschaft der Chinesen, Organe zu spenden, ist im internationalen Vergleich sehr gering. In einer Berichterstattung der Southern Metropolis Daily wird der ehemalige Vize-Gesundheitsminister, Huang Jiefu, zitiert. Seiner Einschätzung zufolge liegt die Spendenquote in China bei gerade einmal 0,6 pro eine Million Einwohner.*

 
Organspende braucht Transparenz

 
Die niedrige Bereitschaft liegt womöglich teilweise an der chinesischen Kultur. Viele Chinesen glauben an eine Reinkarnation nach dem Tod. Für den Wissenschaftsjournalist und Autor, Zhang Tiankan, hat diese Einstellung aber noch einen weiteren wichtigeren Grund, der in einem seinen Artikel in der Health Times, einer Gesundheitszeitung, erwähnt wird: Man weiß nicht so genau, was mit den eigenen gespendeten Organen passieren wird.

 

Ein wichtiger Grund dafür ist die Sorge, dass die Organtransplantation ungerecht und unfair durchgeführt wird. Zum Beispiel ist es fraglich, ob meine Organe nach der Reihenfolge der Warteliste und fair an die Patienten gespendet werden. Oder werden meine gespendeten Organe von den Krankenhäusern verkauft? Werden sie an die Patienten gegeben, die sie am nötigsten brauchen? 人们不愿捐赠器官的一个重要原因是担心器官移植的不公正和不公平。例如,能否保证供体器官按先来后到的顺序一视同仁地给予需要的患者,无偿捐献的器官是否会被医院拿去牟利,供体器官是否能用在最需要者的身上等等。

 

Diese Sorge ist nicht unbegründet. In der Vergangenheit wurde oft berichtet, dass die gespendeten Organen von Ärzten bzw. Krankenhäuser an Patienten verkauft wurden. Wer mehr Geld hat, der bekommt die Organe auch schneller.

 

Um den Organhandel zu erschweren und die Bereitschaft der Organspenden zu fördern, baut China seit 2010 experimentell ein landesweites System für Organspenden aus, das transparenter und gerechter sein soll. Wie aus der Berichterstattung von Sina News hervorgeht, haben zwischen 2010 und 2013 insgesamt 1.448 Menschen Organe gespendet. Allein 2014 beträgt die Zahl schon 1.500.

 

 

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* Zum Vergleich: In Spanien liegt diese Quote beispielsweise bei 37.

 

 

 

Zum Weiterlesen

 

Daniel Gerichhausen: „Auf Herz und Nieren – Transplantation und Organhandel in China“, Stimmen aus China, 07.02. 2013.

 

China will keine Organe hingerichteter Häftlinge mehr nutzen“, FAZ, 04.12.2014.
Ruth Kirchner: „Keine Organe mehr von Hingerichteten?“, tagesschau.de, 09.04.2014.

 

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