Seit Chinas Parteichef Xi Jinping im März 2013 an die Macht kam, will er seine Kampagne ausnahmslos gegen Korruption und Amtsmissbrauch richten – von „kleinen Fliegen“ bis zu „Tigern“, also den Spitzenfunktionären. Dazu gehört seine Verbotsliste der „acht Regeln und sechs Verbote gegen Verschwendung“. Demnach soll es keine großen Bankette, keinen Urlaub und keine Geschenke auf Staatskosten mehr geben.
Aus Sicht der chinesischen Netizens scheint die bloße Verbotsliste ohne konkrete Strafmaßnahmen noch wirkungslos. Dorfparteisekretär Shen Yongqiang meint dazu:
Eine Vielzahl der „Verbote“ scheint ernst gemeint zu sein. Jedoch gibt es keine detaillierten Regeln und keine konkreten Maßnahmen im Fall von Verstößen. Solche Verbotslisten sehen zwar gut aus, können in der Praxis aber nur schwer umgesetzt werden.一大堆的“不准这个、不得那个”看似严厉,却总是没有具体细则,也没有具体罚则,这样的反腐禁令“观赏性”强,而“实用性”却很差。
Mehr Transparenz erforderlich
Um die Korruption wirkungsvoll zu bekämpfen, fordert Netizen „News“ mehr Transparenz der Vermögensverhältnisse von Funktionären.
Die Ausgaben sollten detailliert offen gelegt werden, sodass wir Bürger uns ein klares Bild davon verschaffen können.把经费详细公开,让我们老百姓一目了然。
Journalist Yan Yang glaubt an die Macht des öffentlichen Drucks. So solle sich die Regierung beim Kampf gegen die Korruption von der Bevölkerung beaufsichtigen lassen.
Man sollte Möglichkeiten schaffen, durch welche die Bevölkerung Regierung und Beamte beaufsichtigen und kritisieren kann. Nur durch den Druck aus der Öffentlichkeit kann die Verschwendung von öffentlichen Geldern, wie z.B. Geschenke auf Staatskosten, erfolgreich bekämpft werden.创造条件让民众监督、批评政府及官员。只有形成这样的舆论氛围,才能让包括公款送礼在内的各种铺张浪费成为过街老鼠、人人喊打。
Einschränkung der Macht
Für Netizen „Schmetterlingstraum“ hat das Beschenken von Inhabern höherer Ämter lange Tradition in China, die man nicht einfach durch ein bloßes Geschenkverbot verhindern kann.
Der Grund (des Beschenkens) liegt an der tief in uns verwurzelten Vorstellung, dass ein Anliegen erst bearbeitet wird, wenn man jemanden beschenkt. (…) Verbotsregelungen alleine reichen wohl nicht. Es ist zunächst eine Systemreform notwendig, um die Macht von Beamten einzuschränken und ihre Taten ans Licht zu bringen.根本还是在于我们根深蒂固的“送礼才办事”的观念。(...)恐怕仅仅发禁令还不够,还得从制度建设收入,将权力关进“笼子里”,让其在阳光下运行才行。
Null Toleranz gegenüber Korruption
Blogger Wang Ying schlägt eine „Null Toleranz“-Strategie gegen Korruption vor. Dabei führt er die so genannte „Miles & More“-Affäre aus Deutschland aus dem Jahr 2002 an, infolge derer der damalige Berliner Wirtschaftssenator Gregor Gysi zurücktreten musste.
In Deutschland gab es einen Minister, der seine dienstlich angesammelten Bonusmeilen aus dem „Miles & More“-Programm für Privatreisen benutzt hat. Als dies bekannt wurde, hagelte es Kritik von Seiten der Öffentlichkeit, woraufhin er von seinen Ämtern zurücktrat. Die Nutzung öffentlicher Gelder ist (in Deutschland) streng geregelt und es herrscht eine Null-Toleranz-Grenze gegenüber Korruption. Obwohl das Ticket selbst nicht direkt von öffentlichen Geldern bezahlt wurde, ist (die Nutzung von Bonusmeilen, die durch öffentliche Gelder finanziert wurden) für den Privatgebrauch nicht gestattet.德国有一位部长,经常出差,里程积累多了,航空公司送给他一张机票,他用这张机票去私人旅游了。民众知道了,舆论抨击了,部长辞职了。原因是:对于公款消费的严格限制,对于腐败的零忍让。即便,这张机票不是公款消费本身,(...) 也不行。
Unabhängige Institution gegen Korruption
Blogger „Gipfel des Kunlun-Berges“ sieht Antikorruptionsbehörden in China, die innerhalb des Systems der KPCh stehen, als Hindernis für eine wirkungsvolle Korruptionsbekämpfung. So weist er darauf hin, dass die Ermittlungsbehörde eigenständig agieren sollte und nennt ein Beispiel aus Hongkong.
Die uns vertraute Antikorruptionsbehörde „Independent Commission Against Corruption (ICAC)“ aus Hongkong erzielt hervorragende Leistungen im Kampf gegen Korruption und Machtmissbrauch. Durch die Unabhängigkeit der ICAS können die Ermittlungen ungestört durchgeführt werden, was aber für die Antikorruptionsbehörden in Festland-China unmöglich ist.我们比较熟悉的是香港的廉政公署,他们在打击腐败、渎职方面取得了令人瞩目的成绩,(...)廉政公署的机构独立(...)使得其不受任何其他部门的牵制和管理,而中国的反贪局(...)不能独立开展调查。
Trotz der Vielzahl an Regeln werden sie in der Realität häufig nicht eingehalten. Die Beamten haben längst gelernt, die Regeln zu umgehen. Kosten der Geschenke können beispielsweise als Ausgaben für Bürobedarf abgerechnet werden. Auch viele Verkäufer sind dabei behilflich, indem sie falsche Quittungen ausstellen. Sinnvoller wäre es wohl eher, die öffentlichen Mittel insgesamt zu kürzen.
Zum Weiterlesen
Petra Kolonko: „Die rote Gefahr“, FAZ, 20.12.2013.
„Keine Haifischflossensuppe mehr für chinesische Beamte“, Focus, 09.12.2013.
„Verbot für Parteigeschenke wird auf Neujahr ausgeweitet“, German.China.org.cn, 23.11.2013.